Sperrstelle Schafloch

Eine interessante und ganz spezielle Anlage ist das Schafloch. Diese natürliche Eishöhle im Sigriswilergrat ermöglicht die Unterquerung des Sigriswiler Rothorns. Die ursprüngliche Eisgrotte hat noch heute ein feuchtes Klima, jedoch kein Eis mehr. Im Aktivdienst wurde der ca. 600 Meter lange Durchgang unter dem Sigriswilergrat laut mündlichen Quellen als Verbindungs- und Logistikstollen ausgebaut. An beiden Enden – im Justistal und an der gegenüberliegenden Seite – wurden Eingangsverteidigung und Waffenstände erstellt, zudem kamen Seilbahnen zum Materialtransport zum Zuge. Davon zeugen die noch vorhandenen Überreste.

Sollten die Truppen die Höhen von Heiligenschwendi dem Feind überlassen müssen, sollte durch diesen Stollen der Nachschub der Truppen ins Justistal sichergestellt werden, es war auch eine letzte Ausweichmöglichkeit für die Einheiten (diese sind mir derzeit nicht bekannt).

Durch die Aufweitung der Öffnungen durch die Armee nahm der Luftzug stark zu, zudem fanden wie der Name sagt, die Schafe eine Unterschlupf-Möglichkeit. Dies sind anscheinend die beiden Hauptgründe, wieso die bekannte und seltene Eisgrotte kein Eis mehr führt. Die Anlage ist an den Grundeigentümer (Gemeinde Sigriswil) zurückgegeben worden, die Eingänge sind heute so gesichert, dass Schafe nicht mehr hinein können. Der Durchgang dauert ca. 20 Minuten, und ist «auf eigene Gefahr» für Wanderer möglich. Der Zugang ist aber nicht ganz gefahrlos. Gute Schuhe und Taschenlampe sind Mindest-Voraussetzung dafür. Die Waffenstellungen sind heute noch zugänglich.

Plan des Schaflochs



Weitere Informationen über die Bau- und Einsatzgeschichte der Festungswerke am Grünenbergpass, dem Sichelpass und im sagenumwobenen Schafloch sowie den verschiedenen Militärseilbahnen am rechten Thunersee sind in einem Buch im Verlag HS-Publikationen nachzulesen.


Das Schafloch war einmal eine Eishöhle

Das Schafloch als Besonderheit war schon lange bekannt, wie ein Bericht der Naturforschenden Gesellschaft Zürich von 1839 zeigt (Merci N. Chlus): «Die schönste aller bekannten Eisgrotten ist wohl das sogenannte Schafloch am Thunersee. Sie ist vor einigen Jahren von Herrn Regierungsrath Hirzel in Zürich besucht worden. Indem wir bedauern, daß uns dieser vortreffliche Gebirgsforscher die Fortsetzung seiner Alpenwanderungen vorenthält, theilen wir aus einer Schilderung der Rothhornkette, die er der naturforschenden Gesellschaft in Zürich vorgetragen hat, folgende Beschreibung des Schafloches mit: „Auf der östlichen, steil abgerissenen Seite des Rothhorns befindet sich etliche hundert Fuß unterhalb der Kuppe der Eingang zu der merkwürdigen Felshöhle des Schafloches, die im 21. Bande der Bibliothèque universelle von Herrn Obrist Dufour von Genf beschrieben worden ist. – Eingetretenes Regenwetter hielt mich nicht ab, in der nächsten Sennhütte mich mit einem Führer und den für diesen Zweck dort bereit liegenden Fackeln zu versehen und den nicht gefahrlosen Weg zur Höhle anzutreten. Das Erklettern der 1500 Fuß hohen Felswand ist keine leichte Arbeit und erfordert einen schwindelfreien Kopf. Der Eingang zur Höhle befindet sich, wie mir der Barometer zeigte, 5604 frz. Fuß über dem Meer.

Nach dem Berichte des Herrn Obrist Dufour genießt man bei hellem Wetter hier einen prachtvollen Anblick der höchsten Berge des Berner Oberlandes, besonders der Jungfrau und der beiden Eiger. Die Mündung der Höhle ist ungefähr 50′ breit und 25′ hoch und dient bis zu einer Tiefe von 100 Fuß bei stürmischer Witterung oder brennender Sonnenhitze einer Anzahl von 800 – 1000 Schafen, die auf den nahen Alpen weiden, zum Zufluchtsorte. Nach 30 Schritten vom Eingang verläßt die Höhle ihre anfänglich nördliche Richtung und geht in eine westliche über: zugleich erweitert sie sich beträchtlich und steigt abwärts. Große scharfkantige Kalksteinblöcke, die vom Deckgewölbe herabgestürzt sind, machen das Fortschreiten beim Fackelschein sehr beschwerlich. Sechzig Schritte vom Eingang hört man den leisen Wiederhall fallender Wassertropfen und bemerkt an denjenigen Stellen, wo sie den Boden berühren, anfangs kleine, tiefer in der Höhle aber sich so weit ausbreitende Eisflächen, daß am Ende nur noch die grössten Felsblöcke zwischen denselben hervorragen. Ist man 200 Schritte vorgedrungen, so vermag der matte Fackelschein die 80–100 Fuß breite, 50 – 60 Fuß hohe Halle nicht mehr zu erleuchten.

Hier fängt die Eisfläche an, sich in tropfsteinähnlichen Gebilden über den Boden zu erheben, die mit hellerem Scheine, Phantomen gleich, aus der Finsterniß hervortauchen. Die meisten dieser Eisfiguren sind konisch, von 2′ – 6′ Höhe und ½ bis 3 Fuß Durchmesser. Auf die abgestumpfte Spitze derselben, auf der sich eine schalenähnliche, mit dem reinsten Wasser angefüllte Vertiefung befindet, fällt in Zwischenräumen von 5 –10 Sekunden aus der zerklüfteten Decke der Höhle hervorquellend der die Eisbildung unterhaltende Tropfen.

Der wegspritzende Theil desselben dient zur Vergrößerung der Säule, der bleibende füllt die Schale. Unter den verschiedenartigen Eisgestalten zog besonders eine meine Aufmerksamkeit auf sich. Auf mehreren Eissäulen ruhte eine Kuppel die bis zur Decke der Höhle emporstieg uns dort angefroren war. Einen wunderbaren Effect machte bei der Dunkelheit, die in der Höhle herrschte, das Halten mehrerer Fackeln in die grünliche, durchscheinende Wölbung dieses kleinen Tempels, worin etwa 4 – 5 Mann in gebückter Stellung Platz fanden. Dreihundert Schritte von der Mündung befindet man sich auf einer gegen die dunkle Tiefe der Höhle geneigten sehr schlüpfrigen Eissohle, wo man sich durch beständiges Einschlagen der Alpstöcke vor dem Hinabglitschen schützen muß. Bei jedem Schritte vermehrt sich die Zahl der grotesken Eisfiguren, und bald kommt man an den Rand einer Stufe des Eisbodens, die 6 – 7 Fuß tief in eine von den Fackeln nur schwach erleuchtete untere Abtheilung der Höhle führt.

An dieser Stelle fanden wir viele von frühem Besuchern herrührende abgebrannte Fackeln, auch bemerkten wir einige Spuren eingehauener Tritte. Herr Obrist Dufour meldet in seiner Beschreibung, daß er, an dieser Stelle angelangt, von dem Gedanken durchdrungen, ein Militär müsse sich durch keine Gefahr abhalten lassen, vorzudringen, nebst seinen Begleitern den Sprung in die unsichere Tiefe gewagt und unten noch viel weitere und viel schönere Höhlen gefunden habe. Obschon ich äußerst begierig war, die fernem Merkwürdigkeiten dieser Eisgrotte, die wohl einzig in ihrer Art ist, zu sehen, so fühlte ich doch bei meinem niedrigem militärischen Range keinen so hohen Muth in mir, und da mein Begleiter gar kein Militär war, so zeigte er noch weniger Luft zum Sprunge; ja es wandelte uns in dieser Gegend ein empfindliches Frostgefühl an, welches, vereint mit dem bevorstehenden Erlöschen der Fackeln, uns bewog, nach einem halbstündigen Verweilen in der Grotte wieder an das Tageslicht zurückzukehren. – Ich bemerke noch, daß ein schwacher Luftzug von dem Innern gegen die Mündung der Höhle fühlbar war.»