A1880 Artilleriewerk Waldbrand BE

Das Artilleriewerk Waldbrand auf der Gemeindegrenze Sigriswil-Beatenberg ist eine der grössten unterirdischen Festungsanlagen im Raum der Reduitbrigade 21. Zweck der ab 1941 erstellten Anlage war die Abdeckung des Raumes Thun-Münsingen mit schwerem Feuer. Eine Verbindung gab es zusätzlich zum Artilleriewerk Legi.

Beidseits des Thunersees wurden in der Zeit ab 1941 starke Befestigungsanlagen und grosse Artilleriewerke gebaut. Auf der rechten Seeseite waren dies im Raum Beatenberg vor allem die beiden Werke A1880 Waldbrand sowie das damit verbundene Werk A1880-L Legi.

Geplant und gebaut wurde der «Waldbrand» von der Truppe und nicht vom Büro für Befestigungsbauten. Baubeginn der Anlage war im März 1941. Dem damaligen Einsatzkonzept der Schweren Motorisierten Kanonen-Abteilung 4 entsprechend, wurde das Felsenwerk als Kavernenanlage für mobile Geschütze konzipiert. Daraus folgt, dass anfänglich nur ein Zufahrtsstollen mit einem gewaltigen Profil ausgebrochen wurde, damit die mobilen Geschütze mit ihren schweren Zugfahrzeugen zirkulieren konnten.

Unterhalb der Strasse von Beatenberg Richtung Grön/Sigriswil ist der Haupteingang des «Waldbrand» gelegen. Vom Hauptstollen, der bogenförmig dem Verlauf der Felswand folgt, gehen nach links jeweils die Gänge zu den Geschützräumen ab. Im vorderen Teil sind fünf, nach den Unterkünften und dem Infrastrukturteil sind nochmals drei 10,5 cm Kanonen 35 auf Hebellafetten installiert.

Mit den Geschützständen und den Munitionskavernen waren im Juli 1942 die Bauarbeiten für einen ersten kriegsmässigen Einsatz beendet. Die ersten der vorgesehenen Hebellafetten für die 10,5 cm Kanonen waren ebenfalls bereits vorhanden (nachdem sie im Versuchsstand Hentschenried getestet worden waren). Zwischen der Infrastruktur und den hinteren Waffenständen ist zudem der Zugangsstollen in die rund 90 Meter höher liegende Anlage Legi. Selbstverständlich gingen die Bauarbeiten durch die Unternehmung Frutiger & Cie aus Oberhofen weiter und im Februar 1944 war die Anlage, dem damaligen festungstechnischen Standard entsprechend, schussbereit.

Nach dem Aktivdienst wurde intensiv diskutiert, welche Anlagen noch weiter im Dispositiv der neuen Reduitbrigade verbleiben sollen. Klar wurde dabei, dass die genutzten Anlagen weiter ausgebaut werden mussten. Im August 1947 begannen die Ausbrucharbeiten für den Kommandotrakt sowie die Ess- und Schlafzimmer der permanenten Besatzung von 450 Mann.

Es wurden drei Dieselmotoren montiert, die notfalls den Strom für das Werk liefern sollten. Neben einer relativ kleinen Küche, in der auch für die Legi-Mannschaft gekocht wurde, sind insgesamt fünf Reservoirs vorhanden. Sie fassen zusammen die riesige Menge von 500’000 Litern Trinkwasser. Ein Tagesreservoir befindet sich in halber Höhe zum Werk Legi, so konnte der notwendige Druck in den Leitungen erzeugt werden. Die Anlage ist nicht gerade in den Fels gehauen, sondern schmiegt sich an die Form der Felswand. Das heisst, dass auch der Mannschaftstrakt mit der Unterkunft für 111 Mann gebogen ist (Gesamtbestand 450 Mann). Die relativ geringe Raumhöhe erzeugt jedoch zusätzlich ein Gefühl der Enge.

Als Armierung wurde 1948 – drei Jahre nach Kriegsende – die definitive und fest eingebaute Bewaffnung mit acht 10,5 cm Kanonen 35 L42 auf Hebellafetten installiert.

Das letzte Schiessen mit Kriegsmunition erfolgte 1958. Mit weiteren Um- und Ausbauten in den sechziger Jahren erhielt die Anlage den heutigen Umfang. 1986/87 wurde einen Nachrüstung im Bereich Ventilation und AC-Schutzinstallationen durchgeführt. Mit der Umsetzung der Armee 95 wurde dieses gewaltige Festungswerk desarmiert und am 31. Dezember 1998 ausser Dienst gestellt.

Betrieben wurde die Anlage im Aktivdienst durch die Schwere Motorisierte Kanonen-Abteilung 4.

2005 wurde erstmals öffentlich die Idee präsentiert, aus dem Artilleriewerk ein Museum zu machen. Damit begann eine mehrjährige Geschichte. Einmal war der im Aktivdienst angelegte Zugangsweg durch den Wald das Problem, ein andermal der Standort für die Wiederaufforstung von durch die Armee vor 60 Jahren gefällten Bäume. Fürsprecher Philipp Studer erhielt schliesslich 2007 mit seiner Festungsmuseum Waldbrand GmbH die Bewilligung, die Anlage zu einem Museumsbetrieb umzunutzen.

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Weitere Informationen über die Bau- und Einsatzgeschichte der Artilleriewerke Waldbrand, Legi und Schmockenfluh sind in einer kompakten Broschüre (nur Waldbrand) oder in einem umfangreichen Buch (alle drei Festungen) im Verlag HS-Publikationen nachzulesen.