Verschiedenes Material der Festungstruppen

Festungsartillerie-Feuerleitsystem 91 (Fest Art Flt Syst 91) FARGOF

Mit Bundesbeschluss zum Rüstungsprogramm 1983 wurde die Beschaffung von 280 elektronischen Feuerleitsystemen 83 FARGO für die Artillerie bewilligt. Diese errechnen Höhen- und Seitenwinkel sowie weitere Schiesselemente und übermitteln diese Werte über Draht oder Funk an Anzeigegeräte an den Geschützen. Das Feuer der Artillerie kann damit wesentlich rascher und präziser geleitet werden. Das vorliegende Rüstungsprogramm enthält nun den Antrag zur Beschaffung von analogen Systemen mit dem Namen FARGOF für die Festungsartillerie.

Das Waffensystem Festungsartillerie besteht aus mehreren untrennbaren Komponenten. Das schwächste Glied dieser Kette bestimmt auch hier die Kampfkraft des Systems. Die einzelnen Komponenten sind:

  • die präzise Zielerfassung durch die Schiesskommandanten mit Hilfe des Lasergoniometers 85 (Beschaffung mit Rüstungsprogramm 1985);
  • das Feuer der Festungsgeschütze in den definierten Räumen, permanent und rasch verfügbar, mit hoher Schusskadenz und moderner Munition;
  • die Feuerleitung, bestehend aus der Berechnung der Schiesselemente unter Berücksichtigung der meteorologischen Bedingungen und der Übermittlung an die Geschütze.

Die Festungsartillerie mit ihrem umfassenden Schutz und der hohen Verfügbarkeit ist eine wichtige Unterstützungswaffe unserer Kampfverbände. Die Verkürzung der Reaktionszeit und die hohe Erstschussgenauigkeit zählen zu den wichtigsten Faktoren für einen erfolgreichen Artillerieeinsatz. Diese Forderungen können nur durch den Einsatz moderner Feuerleitmittel erfüllt werden.

Bei der Feuerleitung der Festungsartillerie geht es darum, die Schiesselemente aufgrund des Standortes der Geschütze und der Lage des Zieles zu berechnen. Berücksichtigt werden dabei auch die meteorologischen Bedingungen entlang der Flugbahn der Geschosse sowie die individuellen Abweichungen der einzelnen Geschütz., Zudem werden die verschiedenen Zielformen und -ausdehnungen, die Sicherheitsbestimmungen, zahlreiche Vermessungswerte sowie Schusskorrekturen aufgrund der Beobachtungen der Schiesskommandanten berücksichtigt.

Stand wie im Aktivdienst

Heute werden bei uns diese Berechnungen durch die Batteriefeuerleitstelle mit mechanischen Rechengeräten, Tabellen und Formularen durchgeführt. Dieses zeitraubende Verfahren, welches die Geschützführer mit umfangreichen Rechenarbeiten belastet und zudem zahlreiche Fehlerquellen beinhaltet, verursacht eine lange Reaktionszeit und ist das schwächste Glied in der Kette. Das Verfahren ist für eine hohe Erstschussgenauigkeit zu wenig präzis; es stellt zudem hohe Anforderungen an die Ausbildung des Bedienungspersonals. Es entspricht nicht mehr der Realität des modernen Gefechtsfeldes, das durch die Mobilität und die kurze Verweilzeit des Gegners im Zielgebiet geprägt ist. Unsere Festungsartillerie blieb in dieser Hinsicht auf dem Stand des Zweiten Weltkrieges stehen. Hinzu kommt, dass die mechanischen Rechengeräte die grossen Reichweiten des geplanten Festungsgeschützes Bison und zukünftiger Munition, wie Kanistergeschosse, nicht mehr zu berücksichtigen vermögen.

Mit der Industrie wurde unter dem Namen Festungsartillerie-Feuerleitsystem 91 FARGOF ein elektronisches System entwickelt, das die Schiesselemente unter Berücksichtigung der vorgenannten Parameter automatisch ermittelt und die Resultate ohne Zeitverlust über Draht an ein Anzeigegerät zu jedem Geschütz übermittelt. Die Rechnerprogramme wurden von der Lieferfirma in enger Zusammenarbeit mit den Fachstellen des Eidgenössischen Militärdepartementes erstellt und erfüllen die hohen Anforderungen. Sie gestatten den Verkehr mit dem Rechner im Dialog. Damit kann der Ausbildungsaufwand relativ klein gehalten werden. Grosses Gewicht wurde im Programm auf die automatische Überwachung der Sicherheit gelegt, indem z.B. Feuerverbotszonen als Ziel ausgeklammert werden. Die Bedienungslogik von FARGOF entspricht im übrigen derjenigen des Artilleriefeuerleitsystems 83 FARGO, das sich seit 1986 im Einsatz bewährt.

Mit der beantragten Beschaffung der Festungsartillerie-Feuerleitsysteme 91 FARGOF soll die Automatisierung der Feuerleitung der Festungsartillerie vollzogen werden. FARGOF verhilft der Festungsartillerie in kürzerer Zeit und mit weniger Munition als bisher zu besseren Resultaten und erlaubt gleichzeitig, den Ausbildungsaufwand zu senken. zudem wird das Feuerleitverfahren zwischen der mobilen Artillerie und der Festungsartillerie vereinheitlicht.

Eingliederung bei der Truppe

Die Festungsartillerie-Feuerleitsysteme 91 FARGOF werden den Batteriefeuerleitstellen der 12-cm-Festungsminenwerfer, den mit der Armee 95 in einer Übergangsperiode verbleibenden 10,5-cm- und 15-cm-Geschützen, sowie später den Bison-Anlagen zugeteilt.

 Mit Hilfe von speziellem Unterrichtsmaterial wird es möglich sein, sowohl die Umschulung als auch eine effiziente Ausbildung der Kader und des Bedienungspersonals anlässlich normaler Dienstleistungen sicherzustellen. Für die Organe der Batterie-Feuerleitstellen wird dagegen ein zentraler Einführungskurs notwendig sein; diese zusätzliche Dienstleistung wird zu gegebener Zeit beantragt.

Systembeschreibung

Das Festungsartillerie-Feuerleitsystem 91 FARGOF dient zur Automatisierung der technischen Feuerleitung auf Stufe Geschützbatterie für die bei der Festungsartillerie eingesetzten Geschütze. Auch das zurzeit in Entwicklung stehende Festungsgeschütz Bison könnte im Fall einer späteren Beschaffung angeschlossen werden. Das System lehnt sich funktionell an das mit dem Rüstungsprogramm 1983 für die mobile Artillerie beschaffte Artillerie-Feuerleitsystem 83 FARGO an und löst im einzelnen die folgenden Aufgaben:

  • Berechnung der Schiesselemente unter Berücksichtigung des Geschütztyps, der Munitionsarten, des Zieles, der aktuellen meteorologischen Einflüsse sowie der Stellung des einzelnen Geschützes;
  • Unterstützung bei Vermessungsaufgaben im Beobachtungs- und Stellungsraum;
  • Aufbereitung und Übermittlung der Feuerleitkommandos und Schiesselemente sowie Anzeige derselben an den Geschützen.

Die Berechnung der Schiesselemente erfolgt für jedes Geschütz einer Batterie individuell. Das Feuerleitsystem erlaubt eine Verminderung der Reaktionszeit, eine Verbesserung der Treffgenauigkeit und eine Steigerung der Sicherheit durch Elimination von Fehlerquellen.

Das Festungsartillerie-Feuerleitsystem 91 FARGOF besteht aus:

  • einem Digitalrechner mit zugehörigen Betriebsprogrammen (Software);
  • einem Bedienungsgerät zur Ein- und Ausgabe der Daten;
  • einem Lochstreifenleser;
  • einem Massenspeicher für die Daten;
  • einem Drucker für den Einsatz auf der Feuerleitstelle;
  • den Daten/Sprach-Modems und Anzeigegeräten für den Einsatz bei den Geschützen sowie
  • den Hilfsausrüstungen für die Datenübertragung und die Speisung,

Die digitale Datenübertragung zwischen Feuerleitstelle und Geschütz erfolgt über Draht. Gleichzeitig mit der Datenübertragung ist auch Sprechverkehr möglich. Der Einsatz des Festungsartillerie-Feuerleitsystems 91 FARGOF erfolgt stationär. Die bisherigen Übermittlungs-Netzkonfigurationen werden beibehalten und in die Verfahren mit dem neuen Feuerleitsystem übernommen.

Unterrichtsmaterial

Die Ausbildung des Truppen- und Unterhaltspersonals am neuen Material (Grund- und Festigungsstufe) erfolgt mit Hilfe folgender Ausbildungsanlagen, in welchen nach Möglichkeit die Geräte des Feuerleitsystems selbst verwendet werden:

  • Feuerleitrechner-Ausbildungsanlagen: In Schulungsräumen fest eingebaute Anlagen zur Grundausbildung an den Arbeitsplätzen der Batterie-Feuerleitstelle, bestehend aus Kommando- und Kontrollpult für Instruktor und Gehilfen, vier Arbeitsplätzen der Batterie-Feuerleitstelle, sowie Uebermittlungs-, Anzeige- und Projektionseinrichtungen für die Schiesselemente und Kommandos.
  • Neuausrüstung der Feuerleitzentren: in installationsseitig vorbereiteten Mehrzweck-Schulungsräumen einsetzbare Ausrüstung zur Ausbildung an den Artillerie-Schiessgeräten und für die Durchführung von Feuerleitübungen bis Stufe Abteilung, bestehend aus vier Arbeitsplätzen der Batterie-Feuerleitstelle und dem Arbeitsplatz des Uebungsleiters mit den geschützseitigen Ausrüstungen des Feuerleitsystems.
  • Datenwiedergabegerät: Feldtaugliches Gerät für eine vom Feuerleitrechner unabhängige individuelle Ausbildung der Geschützmannschaften. Die Feuerleitkommandos werden selektiv aus den im Gerät gespeicherten Daten herausgelesen, übermittelt und an den Geschützanzeigen zur Darstellung gebracht. Es können auch Uebungen im scharfen Schuss durchgeführt werden. Die Herstellung der entsprechenden Datensätze erfolgt auf einer zivilen Rechneranlage des Bundesamtes für Artillerie, welche dazu in ihrer Leistungsfähigkeit erweitert werden muss.
  • Ausbildungsanlagen für Artillerie-Gerätemechaniker: Vollständig verkabeltes Feuerleitsystem zur Schulung der Zusammenschaltung, Bedienung, Wartung und Fehlersuche, bestehend aus den Geräten der Feuerleitstelle und Geschütz-Seite mit eingebauten Fehlersimulationsmöglichkeiten.

Prüf- und Reparaturausrüstungen

Für den Unterhalt des neuen Materials werden nebst eingebauten Testhilfen in den einzelnen Geräten des Feuerleitsystems zusätzliche Prüf- und Reparaturmittel für den Feldeinsatz sowie Spezialprüfplätze in den zugewiesenen Betrieben der Unterhaltsinstanz bereitgestellt.

Evaluation, Entwicklung, Erprobungen und technische Beschaffungsreife

Unter Berücksichtigung des mehrheitlich stationären Einsatzes des Systems bei der Festungsartillerie wurde auf die beim eingeführten Feuerleitsystem FARGO notwendige Forderung für den mobilen Feldeinsatz bewusst verzichtet. Es wurde demgegenüber ein Industriestandard festgelegt, welcher die Verwendung und gezielte Anpassung bereits bestehender und erprobter Systemselemente, insbesondere im Bereich des Rechners, ermöglicht.

Ausgehend von dieser Grundlage und nach einer entsprechenden Marktabklärung wurden bei den schweizerischen Firmen Ascom Zelcom AG, Hombrechtikon, und Elektrowatt AG, Zürich, sowie bei der Eidgenössischen Waffenfabrik Bern Projektvorschläge und Angebote für das Festungsartillerie-Feuerleitsystem eingeholt. Nach Evaluation der Angebote inkl. Serieoptionen wurde 1987 die Firmenwahl zugunsten des Projektes von Ascom Zelcom AG, Hombrechtikon, getroffen. Das anschliessend realisierte Prototypsystem wurde 1989 ausgedehnten technischen Erprobungen und Truppenversuchen unterzogen, welche im Frühjahr 1990 zur technischen Beschaffungsreife führten.

Beschaffung

Beschaffungsumfang und -kredit setzen sich wie folgt zusammen (in Millionen Franken):

  • 240 Systeme FARGOF zu 173’300 Franken pro System – 41,6
  • Installationen – 2,5
  • Modifikationen, Änderungsdienst – 0,7
  • Logistik, umfassend Reservematerial, Prüf- und Reparaturausrüstungen, Dokumentation – 13,8
  • Ausbildung, umfassend Ausbildungskurse und -material – 11,3
  • Geschätzte Teuerung bis zur Auslieferung – 7,2
  • Risiko (rund 4 %) –  2,9
  • Total –  80,0

Die Beschaffung des Festungsartillerie-Feuerleitsystems 91 FARGOF erfolgt im Rahmen der Linienorganisation der Gruppe für Rüstungsdienste. Als Vertragspartner mit Generalunternehmerfunktion tritt gegenüber der Gruppe für Rüstungsdienste (GRD) die Firma Ascom Zelcom AG, Hombrechtikon, auf. Mit ihr hat die GRD für das Hauptmaterial sowie für Ausbildungskurse und Dokumentation einen Optionsvertrag unterzeichnet. Die Kosten für Unterrichtsmaterial, Reparaturausrüstungen, Ersatzmaterial, Installationen, Modifikationen und Aenderungsdienst sind teils durch verbindliche Offerten abgesichert, teils geschätzt. Im weiteren sind die Firma Leclanché SA, Yverdon, für Akkumulatoren und Ladegeräte sowie diverse weitere Lieferanten an dieser Beschaffung beteiligt. Von diesen Firmen liegen verbindliche Offerten vor.

Zeitlicher Ablauf der Beschaffung

Nach der für Mitte 1994 vorgesehenen Fertigstellung einer Nullserie für das Hauptmaterial können monatlich 15 Feuerleitsysteme der Truppe abgeliefert werden. Die Auslieferung des gesamten Materials wird gegen Ende 1996 abgeschlossen

Das Festungsartillerie-Feuerleitsystem 91 FARGOF wurde speziell für die Bedürfnisse der Festungsartillerie entwickelt, wobei der Bedienungskompatibilität mit dem eingeführten Feuerleitsystem 83 FARGO grösstes Gewicht beigemessen wurde. Gewisse Risiken, wie die Verwendung eines Industriestandards oder das spätere Zusammenwirken mit zukünftigen Vorhaben sind bei integrierten Lösungen nie ganz auszuschliessen. Für die aufgrund der versuche vorzunehmenden Seriebereinigungen sowie für die sich noch in der Entwicklungsphase befindenden Ausbildungsanlagen ist das Risiko überblickbar. Das technische Risiko ist daher als klein einzustufen.

Folgekosten und Bauten

Für den Unterhalt bei der Kriegsmaterialverwaltung werden zusätzlich 1,5 Stellen sowie jährlich 0,2 Millionen Franken für Ersatzmaterial benötigt. Für die Ausbildung am FARGOF muss auf den Waffenplätzen St-Maurice, Mels und Airolo je ein Ausbildungszentrum eingerichtet werden. Die geschätzten Gesamtkosten von rund 1 Million Franken sollen mit einem kommenden Bauvoranschlag beantragt werden. Die Einrichtung der FARGOF-Systeme bei den Festungsgeschützen erfordert zusätzliche Stark— und Schwachstrominstallationen. Der geschätzte Gesamtbetrag von rund 7 Millionen Franken soll mit einem der nächsten Bauprogramme unter der Rubrik «Geländeverstärkungen» beantragt werden.