Abteilung Zerstörungswesen

Zu Beginn der Kriegsmobilmachung 1939 bestand die alte HD-Bauorganisation der Minengruppen aus 32 Gruppen mit ca. 8000 Mann für 850 Objekte. Die Verwaltung der Minengruppen besorgte die Abteilung für Genie, Neubau und Umbau von Objekten machte das BBB, Sprengstoff und Zündmittel teilte der Geniechef der Armee in Verbindung mit dem MND zu. Sukzessive wurden die Minengruppen den Armeekorps und Heereseinheiten administrativ und taktisch unterstellt.

Mit Befehl vom 18. September 1940 verfügte der Chef der Generalstabes die Zusammenfassung des Zerstörungswesens unter den Geniechef der Armee. Schon im Frühjahr 1940 wurden in den Armeekorps die Minenoffiziere eingesetzt.

Die Neuorganisation

Im Jahr 1941 erfolgte die Aufstellung der neuen Zerstörungstruppen aus den Minengruppen, den Landsturm-Jahrgängen der Bautruppen, aus geeigneten Wehrmännern anderer Waffengattungen und dem Hilfsdienst. Zur Schaffung des viel zu kleinen Kaders wurden in fünf Feld-Offiziers. und Adjutant-Unteroffizier-Zugführer-Schulen, in elf Feld-Unteroffiziersschulen sowie Einführungskursen 260 Offiziere und 3000 Unteroffiziere ausgebildet. Am Ende des Aktivdienstes bestanden die Zerstörungstruppen aus

  • 14 Zerstörungsabteilungen mit 39 Zerstörungsdetachementen sowie
  • 21 Selbstständigen Zerstörungsdetachementen

mit einem Totalbestand von rund 420 Offizieren, 3000 Unteroffizieren und 23’000 Soldaten, zusammen also über 26’000 Mann. Diese neue Organisation stellte gegenüber der früheren einen gewaltigen Fortschritt dar, die Zerstörungstruppen sind eine militärische Formation geworden, die ihre Berechtigung zur Genüge unter Beweis gestellt hat.

Durch Schaffung von Gefahrenzonen mit den entsprechenden Bereitschaftsgraden wurde das Zerstörungsnetz erstmals vom taktischen Gesichtspunkt aus in den Rahmen der Landesverteidigung eingefügt. Die taktische Bedeutung trat neben den technischen Belangen immer mehr in den Vordergrund. Bis zum Ende des Aktivdienstes wurde in engster Verbindung mit der Operationssektion das Zerstörungsnetz mit der Änderung der Bereitschaftsgrad immer mehr der jeweiligen Lage angepasst.

Das Netz an Minenobjekten

Die Sprengbefehle, die früher nicht existierten, wurden eingeführt und bilden heute ein wichtiges Kapitel der Befehlsgebung. Anlässlich der Inspektionen, die im Sommer 1943 in Verbindung mit der Operationssektion durchgeführt wurden, konnten in taktischem und technischem Sinne viele Mängel aufgedeckt und aufgehoben werden.

Die Entwicklung des Standes der Minenobjekte ergibt sich aus folgenden Zahlen:

Fertige Minenobjekte im Bau total
01.09.1939 ca. 790 unbekannt ca. 790
31.10.1940 1234 51 1285
31.12.1940 1345 73 1418
31.12.1941 2043 128 2171
31.12.1942 2170 18 2188
31.12.1943 2302 25 2327
31.12.1944 2364 7 2371
20.08.1945 2374 5 2379

Der Bau neuer Minenobjekte wurde zum Teil unter zivilen Ingenieurbüros, zum Teil unter den Minenbüros der Armeekorps und Heereseinheiten durchgeführt. Die Bauausführung wurde bis auf wenige Ausnahmen durch zivile Firmen besorgt. Der Stand der Bauarbeiten erlaubte Ende 1944 den Abbau der Minenbüros und die Übernahme deren Obliegenheiten durch die Zentralverwaltung. Die während des Aktivdienstes für den bau von Minenobjekten und die Beschaffung von Sprengstoff und Zündmitteln aufgewendeten Beträge erreichen eine Höhe von ca. 30 Millionen Franken. Gegenwärtig sind an Sitter-Thur-Rhein noch 20 bestehende Minenobjekte m Umbau begriffen.

Nach dem Unglück von Chillon wurde der elektrischen Sicherung der Minenobjekte besondere Aufmerksamkeit geschenkt, der Stand der damit verbundenen Arbeiten geht aus folgender Zusammenstellung hervor:

gesicherte Bahn-Minenobjekte um Umbau befindliche Bahn-Minenobjekte Total Bahn-Minenobjekte
31.07.1943 80 41 514
31.12.1943 169 39 514
31.12.1944 400 15 520
20.08.1945 433 6 520

Die alten Schemapläne enthielten wenig Brauchbares für das Laden und waren kompliziert in der Herstellung. Die erzielten Fortschritte auf diesem Gebiet erhellen folgende Zahlen:

Fehlende Schemas alte Schemas neue Schemas total
30.06.1942 399 840 926 2165
31.12.1942 259 736 1179 2174
31.12.1943 248 516 1598 2362
31.12.1944 102 243 1984 2329
20.08.1945 17 100 2212 2329

Neue Ausbildung

Im Jahre 1943 wurden die Objekttabellen und die Minenkarten auf ganz neuer Basis bearbeitet und herausgegeben. Zwecks Vereinheitlichung der Ausbildung und Schaffung einer Doktrin des Zerstörungswesens wurden folgende Kurse durchgeführt:

  • Zentralkurs in Biel im Frühling 1940
  • Zwei Einführungskurse für Kontrolloffiziere für elektrische Sicherungen 1941/1942
  • Kurs für Zerstörung von Kraftwerken 1942
  • Einführungskurs bei den eidgenössischen Betrieben 1943
  • Reparaturkurs für pneumatische Anlagen 1944
  • Zentralkurs in Biel 1945

Die seit 1941 in den höheren Kursen (Kurs für höhere taktische Ausbildung, Generalstabskurse und Zentralschule I / II) gegebenen Theorien haben allseitiges Interesse geweckt und müssen beibehalten werden.

Neue Reglemente

An Reglementen wurden herausgegeben:

  • Provisorisches Reglement I: Elemente des Mineurdienstes (1941)
  • Vorbereitete und improvisierte Zerstörungen (Allg. Regl. 1943)
  • Provisorisches Reglement II: Technik der Zerstörungen (1943)
  • Vorschriften für elektrische Installationen (1941/43)
  • Vorschriften für pyrotechnische Installationen (1943)

Diese bilden nun die Grundlage für den technischen Dienst der Zerstörungstruppen und für die Verwendung der Sprengstoffe der Bautruppen.

Das Entladen der Objekte

Seit Kriegsende in Europa ist mit dem Entladen der Minenobjekte und der Retablierung und Magazinierung der Sprengstoffe und Zündmittel langsam begonnen werden. Um die Einberufungen nicht zu stark werden zu lassen, wird das Entladen sich noch weit ins Jahr 1946 ziehen, besonders da zufolge der noch nicht ganz abgeklärten militärpolitischen Lage mit den Grenzobjekten möglichst lange zugewartet werden soll.

Nach dem Aktivdienst stellst sich nun das wichtige Problem der neuerlichen Reorganisation Zerstörungstruppen, da der Bestand von über 26’000 Mann auf die Dauer infolge Fehlens des Nachwuchses und mangels Ausbildungsmöglichkeiten kaum aufrecht erhalten werden kann. Dieser Fragenkomplex wird nun von der ab 20. August 1945 direkt der Abteilung für Genie unterstellten Sektion für Zerstörungsdienst in Verbindung mit den zuständigen Instanzen der Generalstabsabteilung im Rahmen der Heeresreform studiert werden müssen, wozu bereits Anträge und Projekte vorliegen.

Die Bedeutung der während des Aktivdienstes geschaffenen Zerstörungstruppen wird von den taktischen Instanzen anerkannt, auch wenn die Zerst. Trp. aus älteren Jahrgängen bestehen, zeichnen sie sich durch Zuverlässigkeit und Fähigkeit, ihre Aufgabe zu erfüllen, aus. Für eine zukünftige neue Organisation bilden sie das absolut genügende Gerippe.

Quelle: Bericht des Geniechefs des Armee über den Aktivdienst 1939-45