A7833 Art Wk Crestawald

Das Werk stand geographisch auf Boden der Gebirgsdivision 12 (gemäss Planung ZEUS), war jedoch der Grenzbrigade 12 unterstellt.

Einen idealen Engpass für eine wirksame Sperre der Splügen- und San Bernardino-Achse fand man östlich des Dorfes Sufers im Gebiet der ehemaligen Sufner Schmelzi, wo im 19. Jahrhundert Eisen- und Kupfererze verhüttet und eine zeitlang sogar Glas hergestellt worden war. Man plante, das Gebiet mit verschiedenen Infanteriewerken, die mit Maschinengewehren und Panzerabwehrkanonen bestückt waren, zu sperren, und in diese Sperre ein Artilleriewerk zu integrieren, mit dem die vorgeschobene Infanterieverteidigung im Bereich des Splügen-und San Bernardino-Passes unterstützt werden konnte.

Das Artilleriewerk Crestawald sollte laut Homepage des Vereins Festungsmuseum Crestawald mit modernsten Geschützen ausgestattet werden, zwei in den Eidgenössischen Konstruktionswerkstätten in Thun hergestellten 10,5 cm Kanonen 39 L42 (Ständerlafette), einer Lizenzkonstruktion eines schwedischen Schiffsgeschützes. Diese Geschütze konnten mit ihrer Reichweite von 17 km (maximal sogar 23 km mit geringerer Treffgenauigkeit) die Splügen- und San Bernardino-Achse und auch die Flanken zum Safier- und Valserberg beschiessen.

Der Bau der Anlage

Im Herbst 1936 wurden die Geländeaufnahmen vorgenommen und im Winter 1936/1937 begann man mit der Ausarbeitung des Projektes. Geologische Probleme und Koordinationsfragen im Zusammenhang mit der Nutzung des Hinterrheins zur Elektrizitätserzeugung (Stausee im Rheinwald) führten zu Verzögerungen. Erst im Herbst 1938 lag das baureife Projekt vor.

Darum standen bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erst die beiden Infanteriewerke Sufers (1 Panzerabwehrkanone, 2 Maschinengewehre, 1 Leichtes Maschinengewehr) und Geissrücken (1 Panzerabwehrkanone, 3 Maschinengewehre) West bereit. Auch als Italien 1940 an der Seite von Deutschland in den Krieg trat, war das Artilleriewerk noch nicht kampfbereit.

Die aufwändigen Bauarbeiten an der als autonomes Werk mit eigener Wasserversorgung und Elektrizitätserzeugung gebauten Anlage und der Arbeitskräftemangel – ausgelöst durch den Aktivdienst – führten zu Bauverzögerungen. Baubeginn war im Juni 1939, am 3. September 1940 erfolgten die erfolgreiche Schiessversuche mit den beiden Geschützen. Am 15. November 1940 war die Montage der drei Schrägaufzüge für den Munitionstransport zu den Geschützen abgeschlossen, das heisst von da an waren die beiden Geschütze kampfbereit. Die Fertigstellungsarbeiten bis Ende 1942 dauerten. Einige betriebliche Probleme, insbesondere die Probleme mit den beiden Dieselmotoren, konnten sogar erst nach Beendigung des Krieges definitiv behoben werden.

7000 Kubikmeter ausgebrochen

Die Baukosten des Artilleriewerke Crestawald beliefen sich auf total 2,6 Millionen Franken, wobei die Bewaffnung 359’000 Franken ausmachte. Insgesamt wurden rund 7000 Kubikmeter Fels ausgebrochen. Der Grossteil der Bauarbeiten wurde durch die Bauunternehmung Prader+Cie. in Chur ausgeführt. Während des Baus stand entlang der Schartenfront vom Rheinufer bis zuoberst in die Anlage ein Schrägaufzug zur Verfügung. Der Bau der Anlage erfolgte unter strengster Geheimhaltung. Das ganze Gelände war rund um die Uhr bewacht – vom Bau der Anlage existieren keine Fotos und nur wenige schriftliche Aufzeichnungen. Für die Bewachung wurden Angehörige der Freiwilligen Grenzschutztruppe eingesetzt. Im Jahre 1942 wurden Bewachung und Unterhalt von Truppen des neu gegründeten Festungswachtkorps übernommen.

Das Artilleriewerk Crestawald wurde am 17. Juni 1941 an das Festungsartilleriedetachement 236 übergeben. Eine offizielle Einweihung konnte wegen der Geheimhaltung nicht stattfinden. In einer internen Feier wurden im Rahmen eines Eröffnungsschiessens die beiden Geschütze Lucrezia und Silvia getauft. Von da an war das Artilleriewerk bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges mit einer rund 95 Mann starken Festungsbesatzung besetzt (Festungsartilleriekompanie 41). Kommandant der Festung war während des gesamten Aktivdienstes Hauptmann Max Rüedi aus Thusis.

Auf engstem Raum arbeiteten die Besatzung im Dreischichtenbetrieb (8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Bereitschaft, 8 Stunden Ruhe), bei erhöhter Alarmbereitschaft im Zweischichtenbetrieb. Auch die Infrastruktureinrichtungen der Festung funktionierten nicht immer störungsfrei. Die grössten Probleme verursachten die Dieselmotoren, die zur Energieerzeugung in Betrieb standen. Ohne deren Energie stand man im Dunkeln und die Lüftungs- und Entfeuchtungsanlagen funktionierten nicht. Eine externe Stromversorgung war nicht vorhanden, und es standen auch keine Akkumulatoren für einen Notbetrieb zur Verfügung.

Laufende Anpassungen

Auch während des Kalten Krieges war die Festung Crestawald ein wichtiger Eckpfeiler im Verteidigungsdispositiv. Die Festung wurde vom Personal der Festungswachtkompanie 12 unterhalten und laufend den veränderten Waffentechniken angepasst. Unmittelbar nach Beendigung des zweiten Weltkrieges wurde ein zusätzlicher MG-Stand integriert und noch im Jahre 1991 ist eine neue Filteranlage zum Schutz gegen die aktuellen chemischen Kampfstoffe eingebaut worden. Die FWK Kp 12 war nicht nur für das Artilleriewerk Crestawald verantwortlich. Weitere Infanteriewerke, Höhenunterkünfte und Magazine, Hindernisse und militärische Anlagen wurden überwacht, unterhalten, getarnt und ständig in kampfbereitem Zustand gehalten. Der Mannschaftsbestand der Festungswachtkompanie 12 betrug 80 Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere.

Im Konzept der Armeereform 95 war für die Befestigungsanlagen, die ihre Wurzeln im Zweiten Weltkrieg hatten, kein Bedarf mehr. Die Anlagen wurden desarmiert, d.h. Waffen, Munition und Ausrüstung wurden entfernt, und gegenwärtig ist man daran, diese Anlagen zu versiegeln oder sie gar abzureissen. Dank der Initiative von Carlo Mani und der Militärhistorischen Stiftung Graubünden konnte die teilweise noch ausgerüstete und betriebsbereite Festung im Jahre 2000 übernommen werden.

Gleichzeitig wurde unter Leitung von Carlo Mani der Verein Festungsmuseum Crestawald gegründet. 2000 wurde die Festungsanlage umgerüstet, ein Munitionsmagazin wurde ausgeräumt und in einen Ausstellungsraum umgewandelt, weiter wurde die Anlage soweit abgesichert, dass auch «Zivilisten» gefahrlos die gesamte Anlage (Geschütze, Maschinengewehrstände und Beobachtungsposten) begehen können. Im Juni 2001 ist das Festungsmuseum Crestawald eröffnet worden. Am Ende der ersten Museumssaison zählt man bereits 4500 zufriedene, vielfach auch begeisterte Museumsbesucher, die selbständig einen Rundgang durch die Anlage unternahmen, sich einer der angebotenen Führungen anschlossen, sich in der Festungskantine bewirten liessen, an einem Vereinsanlass in der Festung teilnahmen oder sogar eine Nacht in der Festung verbrachten.

Bei der Festung Crestawald handelt es sich im Vergleich zu anderen Artilleriewerken um eine kleine, überschaubare Anlage. Dank der Kompaktheit der Festung ist es möglich, in vernünftiger Zeit die Besucher sämtliche Bereiche einer Festungsanlage hautnah erleben zu lassen. Auch ältere Besucher und Besucherinnen, die nicht mehr so gut zu Fuss sind, sind in der Anlage herzlich willkommen und können mit wenigen Ausnahmen die gesamte Festung besichtigen.