Eine geheimnisvolle Staumauer

Von Hansjörg Altherr

Ein solches Bauwerk kennen wir alle: Im Regelfall ist es in Engstellen von Tälern errichtet worden und bildet das Absperrbauwerk für Fliessgewässer, die dahinter einen Wasserspeicher bilden. Das Wasser wiederum kann mit Wasserrädern für gewerbliche Zwecke eingesetzt, oder bei grossen Stauvolumen und grossem Gefälle, mit Turbinen in elektrische Energie umgewandelt werden.

Deshalb weckte ein kleinerer Staudamm – eingebaut in der als Wildwasser bekannten Reuss – 
mein besonderes Interesse. Ich vermisse dort die Existenz eines Kraftwerkes oder eines Gewerbebetriebes als Nutzer. Und auch als Wasserfassung eines Grosskraftwerkes in der Region kommt diese Baute nicht in Frage., zudem ist kaum Stauwasser erkenntlich.

Und dann ist es wieder da, dieses Gefühl von Verbissenheit und «Gwunder», das mich jahrelang bei meiner Tätigkeit als Ortungsspezialist für Werkleitungsbetreiber begleitet hat: es ist meine Aufgabe, solches Unwissen aufzulösen – ich finde die Erklärung.

Die erste Frage lautet deshalb: Seit wann besteht diese Staumauer? Die Antwort dazu liefert das Bildarchiv von Swisstopo: Identifiziert werden so die Erstellungsjahre 1940–1942. Ausserdem zeigt die Luftaufnahme eine Zubringerstrasse zur Mauer (ab Gotthardstrasse) sowie eine aktive Baustelle an der Bäzbergstrasse (mit Baubaracke und Deponie). Eine weitere Deponie dürfte bei der unteren Haarnadelkurve liegen und eine weitere nördlich der Tanzenbeingalerie an der Reuss.

 

Und was wurde deponiert ?
Es ist Stollenausbruch, also gebrochenes Felsmaterial, das vom Bau der Anlage Teufelswand und dem integrierten Militärkraftwerk stammt. Insgesamt also tausende von Kubikmetern Material!

 

Kann aber diese Interpretation auch verifiziert werden?
Das müsste sich doch bestätigen lassen, wenn man entsprechende Pläne, Projekte und Schriften im Archiv findet. Und tatsächlich, nach einer Recherche im Bundesarchiv habe ich zwei Projektvarianten dieses Bauwerkes gefunden. Eine davon wird dann wohl ausgeführt worden sein, was mir als klare Bestätigung für den Sinn des Staumauerbaus ausreicht.

Es war eine clevere Idee des Bauplaners, eine beträchtliche Menge an Ausbruchmaterial dort zu deponieren, wo eh schon grosse Mengen davon lagern: im Flussbett. Zudem ist diese Deponieart auch zur Tarnung besser geeignet als grossflächige Ablagerungen auf bestehenden Geröllhalden oder Steinbrüchen (z.B. Bäzgand). Bis die Vegetation solche Deponieflächen «verschwinden» lässt, können Jahre vergehen.

Den endgültigen Beweis für die Existenz der Staumauer fand ich schlussendlich in «SchweizMobil» als Foto zur Tour 7, der  bekannten «Via Gottardo» (letztes Bild).

 

Als Quellen für diesen Text dienten öffentlich zugängliche Publikationen sowie Dokumente aus dem Bundesarchiv. Bilder: Swisstopo, Bundesarchiv, SchweizMobil.