2002 – das waren noch Zeiten …

2002 reichte der damalige SP-Nationalrat Paul Günter eine Interpellation ein, um für den Bundesratsbunker eine sinnvolle Nutzung zu finden – zum Beispiel öffentliche Führungen.

Interpellation 02.3410. Nutzung des teuren Bundesratsbunkers

Der Bundesratsbunker hat im heutigen europäischen Sicherheitsumfeld keine militärische Bedeutung mehr. Seine einzige mögliche Nutzung wäre das Szenario eines nuklearen GAU von Mühleberg, welcher die Evakuation der Stadt Bern und damit der Schweizer Regierung nötig macht. Hierfür braucht der Bunker aber nicht geheim zu sein – im Gegenteil ist es wichtig, dass die Bevölkerung weiss, dass der nukleare GAU von Mühleberg das Katastrophenszenario mit der höchsten Wahrscheinlichkeit ist.

Der Bundesrat hat im Übrigen bis heute keinen ernsthaften Versuch gemacht, den immens teuren Bunker in einer realitätsnahen Übung zu testen.

Nach dem grossen Publikumserfolg der offenen Tür im Bundeshaus von diesem Sommer sollte daher der Bundesrat für Sommer 2003 ein ähnliches Projekt mit dem Titel «Offener Bundesratsbunker in Kandersteg» vorlegen, mit dem Ziel, die militärisch total obsolet gewordene «Führungsanlage» immerhin noch als Touristenattraktion zu nutzen und mit einem Eintrittspreis von 20 Franken pro Person wenigstens einen kleinen Teil der Baukosten von 240 Millionen Franken in die weiterhin darbende Bundeskasse zurück zu holen.

1. Ist der Bundesrat bereit, im Interesse der Öffentlichkeit und der Bundesfinanzen die oben geschilderte Öffnung vorzunehmen?
2. Bis wann gedenkt der Bundesrat den Bunker selbst einmal in einer Evakuationsübung zu testen?

Stellungnahme des Bundesrates vom 20.11.2002

Der erwähnte Bundesratsbunker wurde als allgemeine Schutzanlage für die zivile Nutzung durch die Regierung sowohl in Friedens- wie auch in Kriegszeiten konzipiert. Seit dem Inkrafttreten des Bundesbeschlusses vom 23. Dezember 1992 über die Neuunterstellung von Führungsanlagen fällt diese Anlage unter das Bundesgesetz vom 23. Juni 1950 über den Schutz militärischer Anlagen und unter die Verordnung vom 2. Mai 1990 über den Schutz militärischer Anlagen. Aufgrund dieser rechtlichen Unterstellung fällt der Bundesratsbunker unter die geheimen Anlagen. Die Verbreitung von Informationen ohne Zustimmung der zuständigen Behörde kann aufgrund des Militärstrafrechtes geahndet werden.

Der Bundesrat teilt die Ansicht des Interpellanten in Bezug auf die Bedrohungslage der Schweiz nicht. Zwar hat sich die «traditionelle» militärische Bedrohung in der Schweiz wie auch in Europa verringert. Der sicherheitspolitische Bericht 2000 führt aber andere Gefahren an, so die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (Atom-, biologische und chemische Waffen) und von Langstreckenwaffen.

Deshalb hält der Bundesrat an der Nützlichkeit der erwähnten Schutzanlage wie auch an deren Geheimhaltung fest.

Der Bundesrat weist auch darauf hin, dass die Schweiz mit ihrer Schutzanlage bei weitem nicht eine Ausnahme ist, sondern dass es international üblich ist, eine Führungsanlage zu haben, die für den Fall ausserordentlicher Lagen oder eines Kriegs erhöhten Schutzanforderungen genügt.

Die gestellten Fragen beantwortet der Bundesrat wie folgt:
1. Der Bundesrat anerkennt die ernsthaften Bemühungen des Interpellanten, nach Möglichkeiten zur Verbesserung der Bundesfinanzen zu suchen. Er bezweifelt allerdings, dass hier das geeignete Objekt zur Beschaffung von Mehreinnahmen vorliegt.
2. Die Anlage soll in einer Evakuationsübung oder in einer anderen realitätskonformen Übung getestet werden. Die Vorbereitungen dafür laufen. Tests sollen durchgeführt werden, sobald die Anlage fertiggestellt ist.